Zu den Ergebnissen der Kampagne 2011

Die Arbeiten der Kampagne 2011 konzentrierten sich auf das Zentrum des Gipfelplateaus und das vorgelagerte quadratische Feld, das den Vorhof des Heiligtums bildete. Auf dem Gipfelplateau war es bis 2010 gelungen, das Zentrum sowohl des eisenzeitlichen als auch des hellenistisch-römischen Heiligtums zu lokalisieren. Hier waren substantielle eisenzeitliche Bauschichten sowie bedeutende Fundkomplexe dieser Epoche entdeckt worden. Die frühen Bauschichten wurden später in weitläufige Fundamente der hellenistisch-römischen Zeit eingebunden.

Schnitt 11-01 erweitert das bestehende Grabungsareal in der Mitte des Plateaus nach Süden. Als jüngster Baubefund wurde im Südwesten des Schnitts ein Teil eines mittelalterlichen Gebäudes angeschnitten, dessen Bruchsteinmauern noch bis zu 1,20 m hoch erhalten sind. Reiche Keramikfunde zeigen, dass dieser Bau möglicherweise noch bis in die mamlukische Zeit genutzt wurde.

Das Zentrum des Schnitts wird dominiert von einem großen U-förmigen Fundament aus Kalksteinquadern. Innerhalb des Fundaments ist ein Abschnitt der zweischaligen Umfassungsmauer des späteisenzeitlichen Heiligtums erhalten, deren Nord-Süd-Erstreckung damit auf bislang 30 m nachgewiesen ist. Hier konnte ein Fragment eines großformatigen Basaltbeckens mit Stierkopfprotome und Resten einer alt-aramäischen Inschrift aus dem 9. Jh. v. Chr. geborgen werden.

Das Quaderfundament bindet in die bereits freigelegten Fundamentzüge der hellenistisch-römischen Epoche ein, die in den nördlich angrenzenden Schnitten freigelegt wurden. Nach Süden setzt es sich unterhalb des mittelalterlichen Gebäudes weiter fort. Insgesamt schließen sich die diversen Mauerzüge, die teilweise auch die eisenzeitliche Vorgängerbebauung einbeziehen, zum größten bislang auf dem Dülük Baba Tepesi bekannten Bau zusammen. Seine Funktion und Gestalt sind aber nach wie vor unklar, nicht zuletzt da im Norden und Osten Teile des Baus in der Nachantike vollständig abgetragen wurden. Nach Westen schließt sich eine auf großer Fläche gut erhaltene Pflasterung aus polygonalen Kalksteinplatten an.

Obwohl nur in begrenztem Umfang ungestörte Kulturschichten angetroffen wurden, konnten in den verschiedenen Füllschichten bedeutende Einzelfunde geborgen werden, darunter eine eisenzeitliche Bronzestatuette eines Hirschkalbs sowie Stempel- und Rollsiegel, aber auch ein frühmittelalterlicher Siegelabdruck, der auf ein Klosterarchiv hindeutet.

In Schnitt 11-02 im östlichen Gipfelplateau zeigte sich unter einem neuzeitlichen Schutthorizont die Fortsetzung des bereits im Vorjahr angeschnittenen römerzeitlichen Quaderfundamentes.  Insgesamt ist in langrechteckiges Fundament mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 17,4 m zu fassen. Im Norden gehen zwei parallele Fundamentzüge nach Westen ab. Zwischen ihnen liegt eine mächtige Schuttschicht, die bis auf den Fels herabreicht. Aus ihr stammen gleichwohl wichtige Funde, so zwei griechische Weihinschriften für den Gott von Doliche, ein Bronzeblech mit einer lateinischen Weihung an Iuppiter Dolichenus oder ein Fragment einer Stierstatuette aus Basalt.

In das Quaderfundament eingebunden ist eine gewaltige zweischalige, ost-west-orientierte  Bruchsteinmauer, von der bereits 2010 die Nordseite entdeckt wurde. Die bis jetzt ermittelte Gesamtlänge beträgt ca. 7 m, die Breite von ca. 2,5 m besitzt geradezu fortifikatorischen Charakter. Die Bauweise der Mauer sowie stratigraphische Beobachtungen datieren sie in die späte Eisenzeit. Südlich der Bruchsteinmauer ist eine komplexe Schichtenabfolge zu fassen. Bedeutsam ist die Existenz einer Reihe älterer eisenzeitlicher Befunde. Die jüngeren Schichten datieren in frühbyzantinische und frühislamische Zeit.

Eine Sondage zur Klärung der Stratigraphie südlich von 11-02 ergab, dass zur Mitte des Zentralplateaus hin der Fels sehr hoch ansteht, so dass hier fast nur noch neuzeitliche Füllschichten erhalten sind. In der Schnittmitte wurde jedoch die Öffnung einer Zisterne angeschnitten. Die oberen Schichten ihrer Verfüllung enthalten eisenzeitliche Keramik im Sinne eines geschlossenen Fundinventars, was eine Datierung in die vorhellenistische Zeit möglich macht.

Im Norden des dem Zentralplateau vorgelagerten quadratischen Feldes sind in Schnitt 11-03 die gut erhaltene frühmittelalterliche Bebauung und die Temenosmauer des kaiserzeitlichen Heiligtums weiter untersucht worden. Im ganzen Schnitt war zunächst eine sehr mächtige Schuttschicht zu fassen, die zahlreiche antike Bauglieder enthielt. Von herausragender Bedeutung ist dabei das Fragment einer Basaltstele des 9. Jh. v. Chr. mit Relief einer Göttin auf der Vorderseite und hieroglyphen-luwischer Inschrift auf der Rückseite. Der Wert dieses Fundes für die Geschichte des Kultes des Iuppiter Dolichenus kann nicht überschätzt werden und eröffnet ganz neue Perspektiven für zukünftige Arbeiten.

Eingetieft in die Schuttschicht waren beigabenlose Bestattungen in Steinkistengräbern, die in die letzte Phase der Nutzung des Gipfels nach Aufgabe des Klosters gehören. Darunter ist im gesamten Schnitt frühmittelalterliche Bebauung aus Spolien- und Bruchsteinmauern, die zum frühmittelalterlichen Kloster des Hl. Salomon gehört, gut erhalten. Insgesamt konnten mehrere Raumeinheiten ganz oder teilweise freigelegt werden. Besonders interessant ist ein Wirtschaftsraum mit großem Backofen und einem Herd. Unter einer Brandschuttschicht, die aus der abschließenden Zerstörung des Raums durch Feuer resultiert, zeigte sich die Ausstattung noch in situ erhalten, darunter eine Handmühle aus Basalt, der Aufsatz eines Brotschiebers sowie ein kegelförmiger Brotstempel mit Kreuzmotiv im Backbereich, sowie verschiedene Ton-, Glas- und Metallgeräte vor dem Herd.

Nach Osten schließt sich ein weiterer Raum an, der bereits 2010 weitgehend ausgegraben wurde. Seine südwestliche Ecke wurde mit Spolienblöcken abgemauert, um Vorratsgefäße zu lagern. Nach Norden schließt sich ein Treppenhaus an, über das ein heute verlorenes 2. Stockwerk erreicht werden konnte.

Aus römischer Zeit stammen die Reste der Terrassen- und Umfassungsmauer des Heiligtumsvorplatzes, die auch noch dem Kloster als Begrenzung diente. Sie ist hier auf einer Länge von insgesamt 23,5 m nachgewiesen. Ein vollständiges dorisches Kapitell sowie eine Vielzahl kleinteiliger Fragmente weisen aufgrund ihrer ausschließlichen Konzentration in diesem Bereich auf eine Hallenarchitektur hin, die die Platzanlage möglicherweise einfasste. Überhaupt hat sich die Auswertung der als Spolien verbauten Bauglieder erneut als sehr aufschlussreich für die Baugeschichte des Heiligtums erwiesen.

2010 war an der Ostflanke des Vorplatzes eine Treppenanlage aus Basaltstufen angeschnitten worden. In diesem Jahr ist sie vollständig freigelegt und ihr Umfeld untersucht worden. Dabei zeigte sich, dass die Treppe nach Norden unvermittelt abbricht, ohne dass ein Abschlusserhalten ist. Die Frage nach der ursprünglichen Breite der Treppenanlage muss daher zunächst offen bleiben. Auffällig ist, dass die in nachantiker Zeit einsetzende Neubebauung, die mit dem Kloster des Hl. Salomon in Verbindung zu setzen ist, auf die Treppenanlage Bezug nimmt und sie in die Neugestaltung einbezieht. Oberhalb der Treppe ist von der einstigen Toranlage nur noch eine Ausbruchgrube erhalten. An diese schließt sich nach Westen eine regelmäßige Pflasterung aus großformatigen Kalksteinplatten an, von der weiter südlich bereits 2009 ein Ausschnitt erfasst worden war. Zu den herausragenden Funden aus Schnitt 11-04 gehört vor allem eine sehr gut erhaltene syrische Inschrift aus dem Jahr 807/8 mit wichtigen Informationen zur nachantiken Nutzungsphase des Ortes.