Die Arbeiten des Jahres 2010 - Eine Kurzzusammenfassung

Erneut hat sich gezeigt, dass der Dülük Baba Tepesi von der ersten Hälfte des 1. Jts. v. Chr. bis in das Mittelalter hinein ein wichtiges religiöses Zentrum war. Vor allem konnten neue Ausschnitte der komplexen eisenzeitlichen Bebbauung freigelegt werden. Die neuen Befunde und Funde unterstreichen, dass das Heiligtum unter persischer Herrschaft, vom 6.–4. Jh. v. Chr., von einiger Bedeutung war. Durch die Arbeiten dieses Jahres zeichnet sich aber auch ab, dass die Anfänge des Heiligtums bis ins 9./8. Jh. v. Chr. zurückreichen. Hervorzuheben sind erneut die außergewöhnlich reichen Funde von vorwiegend späteisenzeitlichen Stempel- und Rollsiegeln, Skarabäen, Fibeln und Perlen, die als Weihgaben anzusehen sind. Insgesamt sind auf dem Dülük Baba Tepesi inzwischen 476 Stempel- und Rollsiegel sowie über 2350 Perlen geborgen worden. Dieser Fundkomplex zählt zu den größten Siegelkonvoluten aus regulären Ausgrabungen überhaupt.

Für die römische Zeit, als der Gott von Doliche im gesamten Imperium Romanum verehrt wurde, konnten vor allem im Feld E wichtige neue Erkenntnisse gewonnen werden. Dieses Feld, vom Zentralplateau durch einen Geländeabsatz getrennt und zu den übrigen Seiten durch steile Böschungen begrenzt, ist seit Beginn der Arbeiten auf dem Dülük Baba Tepesi Gegenstand von Untersuchungen gewesen. Seine Gestalt führte zu der Vermutung, dass es sich um eine durch Terrassen- bzw. Umfassungsmauern begrenzte Platzanlage handelte. Teile dieser Mauern sind in diesem Jahr an verschiedenen Stellen freigelegt worden, was bestätigt, dass das Feld E in der Tat mit einem ersten Hof des Heiligtums identisch ist. Von besonderer Relevanz ist die Entdeckung des noch gut erhaltenen Eingangs zum Hof. Es handelt sich um eine Freitreppe aus Basalt, die allerdings erst zu einem Teil freigelegt werden konnte. Die offenen Bereiche waren mit einem Pflaster aus polygonalen Basaltplatten bedeckt, von dem allerdings nur noch wenige Reste erhalten sind.

Neue Strukturen aus hellenistisch-römischer Zeit sind im Zentrum des Gipfelplateaus freigelegt worden. Da es sich um Fundamente handelt und zugehörige Schichten meist fehlen, wird eine präzise Funktionsbestimmung aber erst nach einer vollständigen Freilegung möglich sein. Ein weitläufiges Fundament eines Großbaus der hellenistisch-römischen Zeit lässt sich allerdings unter Vorbehalt als dem Haupttempel zugehörig ansprechen. Angesichts der schlechten Erhaltung hellenistisch-römischer Bauschichten kommt Funden von Spolien in nachantiken Mauern für Aussagen zur Gestaltung und Entwicklung des Heiligtums eine besondere Bedeutung zu. Einige wenige Architekturteile sind sogar dem Tempel selbst zuzuordnen und ermöglichen eine Teilrekonstruktion seines Aufrisses.

Wie in den vergangenen Jahren stammen besonders viele Funde aus der letzten Phase der intensiven Nutzung des Gipfels im christlichen Mittelalter. Das Zentrum bildete das quadratische Feld der ersten Hofanlage. Im Norden und Westen dieses Feldes massiert sich die Bebauung. Inzwischen sind hier zahlreiche Raumeinheiten eines großen Gebäudekomplexes freigelegt, der zu Wohn- und Wirtschaftszwecken genutzt wurde. Dagegen waren das Zentrum und der Süden des Hofes im Mittelalter offenbar weitgehend mit wieder verwendeten Basaltplatten gepflastert worden. Der ehemalige Eingang zum Heiligtum wurde, wie Flickungen und Umbauten zeigen, weiter benutzt. Der Fund einer syrischen Inschrift bestätigt die These, dass diese Bauten Teil des Klosters Mar Salomon sind, das bislang nur aus Schriftquellen bekannt war.

Somit sind insgesamt zahlreiche neue und wichtige Hinweise auf die Geschichte des Ortes und der Region von der Eisenzeit bis in die byzantinische Epoche gewonnen worden. Daraus ergeben sich viel versprechende Perspektiven für die Fortführung der Arbeiten im nächsten Jahr.