Glas

Die Glasfunde vom Dülük Baba Tepesi

Die auf dem Dülük Baba Tepesi geborgenen Glasfunde decken fast die gesamte, bislang nachgewiesene Siedlungsdauer ab. Sind es in der Frühzeit allein Siegel, die aus Glas bestehen, finden sich ab hellenistischer Zeit Sandkerngefäße und geformte Schalen.

Mit der Erfindung des Glasblasens nimmt um die Zeitenwende auch die Zahl der Glasgefäße in Doliche zu. Eins der frühen geblasenen Stücke ist eine sog. zarte Rippenschale – bernsteinbraun mit eingemärbeltem weißem Faden – des frühen 1. Jahrhunderts n. Chr. Allgemein gelten sie als oberitalische Produkte aufgrund der dortigen Fundkonzentration; es wird auch für Stücke im Orient eine ausschließlich westliche Provenienz angenommen. Dies muss mit der zunehmenden Fundzahl im ostmediterranen Raum überdacht werden.

Aus der frühen Kaiserzeit stammen zudem zahlreiche Fragmente kleiner Unguentarien und von dickwandigen Rippenschalen. Aus der Zeitspanne des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr. liegen vor allem Trinkbecher aus farblosem Glas vor.

Ab dem 4. Jahrhundert nimmt die Fundzahl sprunghaft zu. Es sind zum einen Gefäßformen, die weitgehend auf das 4. Jahrhundert beschränkt sind, zum anderen solche, die sich im 4. Jahrhundert entwickeln und bis in das 7. Jahrhundert, teilweise auch darüber hinaus, in Gebrauch waren.

Unter den byzantinischen Glasfunden sind generell gläserne Lampen die dominierende Form im Glasgefäßspektrum dieser Zeit auf dem Dülük Baba Tepesi. Daneben gibt es zahlreiche Trinkgefäße, wobei Becher nicht immer eindeutig von Lampen unterschieden werden können.

Glasschmuck ist durch Armreifen belegt; sie bestehen meist aus schwarzem opakem Glas, seltener auch aus grünlichem oder farblosem. Neben den am häufigsten vorkommenden unverzierten Armreifen mit D-förmigem oder dreieckigem Querschnitt gibt es gerippte, tordierte und solche, die aus zwei übereinander gelegten Fäden bestehen. Die an der Fundstelle zutage getretenen Stücke dürften meist mittelalterlichen Datums sein.

Die Bruchstücke von Fensterglas stammen sowohl von gezogenen und geblasenen, eckigen als auch von geschleuderten runden Fensterscheiben. Die gezogenen Scheiben sind bis zu einer maximalen Größe von 3 x 3 cm erhalten. Das Glas ist meist sog. naturfarben blaugrün, farblos oder grünlich und mit 4 bis 6 mm recht dick. Die Kanten sind gerade abgestrichen oder angeritzt und gebrochen. Ein Fragment muss von einer sechs- oder achteckigen Scheibe stammen. Die Fragmente geblasener Scheiben sind dünner und meist olivgrün oder -gelb. Sie sind offenbar oft aus der gleichen Glasmasse wie die Glaslampen hergestellt worden, da sie nicht nur die gleiche Färbung sondern auch die gleichen Korrosionserscheinungen zeigen.

Die runden geschleuderten Fensterscheiben islamischer Zeit und später weisen einen zu einer Röhre umgeschlagenen Rand auf. Sie sind maximal 2 mm dick und haben einen Durchmesser von etwa 20 cm. Das Glas ist sog. naturfarben blaugrün.

Die gezogenen und geblasenen Scheiben gehörten vermutlich teils zu den römischen und teils zu den späteren Bauten, während die späteren runden Scheiben den mittelalterlichen Besiedlungsphasen angehören.

Die herausragenden Fundstücke aus Glas sind Fragmente von drei dichromatischen Diatretgefäßen. Von den weniger als hundert bekannten Diatretgefäßen, sind jeweils nur selten mehrere an einem Ort gefunden worden: je vier in Rom und Trier, drei in Köln, je zwei in Conimbriga und Aquileia. Mit dem Nachweis von drei Gefäßen reiht sich Doliche in diese Liste ein.

Im Auflicht erscheint das Glas der Fragmente aus Doliche opak hell- oder jadegrün, im Durchlicht violett bzw. bernsteinrot. Sie gehören damit zu der nicht einmal 10 Exemplare zählenden Gruppe dichromatischer Diatreta. Die Funde vom Dülük Baba Tepesi sind die östlichsten Belege für diese Gruppe; andere Funde stammen aus Soria in Spanien sowie Rom und Aquileia in Italien. Spätantike dichromatische Glasfragmente, die nicht von Diatreta stammen, sind zudem in Soria und in Ägypten gefunden worden.

Im Unterschied zu den spätantiken dichromatischen Gläsern, die meist von braungrünlichen Farbtönen zu rötlichen bis violetten Farben wechseln, zeigt ein Gruppe dichromatischer Gläser des 7. Jahrhunderts aus Amorium einen Farbwechsel von rot zu blau. Auch von dieser Gruppe liegt das Randstück einer Flasche vom Dülük Baba Tepesi vor. Damit ist Doliche bisher die einzige Fundstelle, an der beide Farbvarianten dichromatischen Glases, die sich auch chronologisch unterscheiden, nachgewiesen werden konnten.

 

Literatur

C. Höpken, Vom Sandkernaryballos zum Diatretglas: Ausgewählte Glasfunde vom Dülük Baba Tepesi/Doliche. Asia Minor Studien 60 (Bonn 2008) 161–172.

C. Höpken, A Dichroic Diatret Glass Fragment from Dülük Baba Tepesi/Doliche (TR), Journal of Glass studies 50, 2008, 302-305. Mit einem Beitrag von Claudia Swart und Heike Traub.

C. Höpken, Base marks on glass vessels in Gaziantep (Turkey). In: D. Foy/M.-D. Nenna (Hrsg.), Corpus des signatures et marques sur verres antiques 3 (Aix-en-Provence/Lyon 2011) 243–246.

C. Höpken, Les verreries du sanctuaire de Jupiter Dolichenus à Doliche (Turquie), issues d'une couche de destruction datée de 256 ap. J.-C. Bulletin de l'AFAV 2012, 37–39

C. Höpken, New Fragments of Dichroic Cage Cups from Dülük Baba Tepesi, Journal of Glass Studies 54, 2012, 244–246.

C. Höpken, Diatretglas-Fragmente vom Dülük Baba Tepesi. Funde der Jahre 2006 und 2011. In: E. Winter (Hrsg.), Kult und Herrschaft am Euphrat. Dolichener und Kommagenische Forschungen VI. Asia Minor Studien 73 (Bonn 2014) 107-126.

C. Höpken, A Dichroic Bottle Fragment from Dülük Baba Tepesi, Turkey, Journal of Glass Studies 57, 2015, xx

 

Ansprechpartner

Dr. Constanze Höpken
Archäologisches Institut der Universität zu Köln
Albertus Magnus Platz
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Fax: 0049 (0)221 470 5099
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