Bauforschung

 

Der Schwerpunkt aus dem Bereich der Bauforschung liegt seit 2010 auf der Untersuchung der römischen Gestaltung des Temenosbezirks, der als Ort eine Kultkontinuität von der Eisenzeit bis in das christliche Mittelalter aufweist.

Fragestellungen aus dem Gesamtprojekt, die zusammen mit denen von archäologischer Seite untersuchten verfolgt werden, sind u.a.: Wie bedingten Änderungen der kultischen Verehrung und Vorgängeranlagen die bauliche Disposition des in römischer Zeit zum Zentralheiligtum des Iupiter Dolichenus-Kults ausgebauten Tempelbezirks? Inwieweit spielen Vorbilder der in der Antike u.a. nordsyrisch geprägten Region der Kommagene und lokale Bautraditionen eine Rolle? Schlussendlich: (Wie) beeinflusste die bauliche Anlage dieses Heiligtums Bautypologien im Römischen Reich entstehender Stätten des Iupiter-Dolichenus-Kults?

Neben der steingerechten Dokumentation der neu freigelegten Mauer-/Fundamentzüge und des Bodenpflasters sowie der Erarbeitung eines Bauphasenplans zur Klärung der Zusammenhänge werden aus dem Bereich der Bauforschung begleitend Fragen verfolgt, die sich den Bauprozessen widmen: mögliche Herkunft der wesentlichen Baumaterialien Kalkstein und Basaltlava, Methoden ihrer Gewinnung, Transportwege, Steinbearbeitung und -versatz. Die ersten Erkenntnisse der Kampagnen 2010/2011 zeigen, hier in einer kurzen Skizze gebündelt:

Das meistverwendete Baumaterial im Temenosbezirk ist Kalkstein, der u.a. auf dem Dülük Baba Tepesi lokal ansteht. Bis auf wenige herausragende Bauteile fand Basalt als – im Vergleich zum Kalkstein – festeres und dementsprechend schwerer zu bearbeitendes, sowie nicht in unmittelbarer Temenosnähe abbaubares Gestein erstmalig in der mittleren Kaiserzeit breitere Verwendung als Baumaterial:

Basalt

Die bisherigen Befunde deuten auf eine ausschließliche Verwendung als Bodenpflaster und als Stufen der Treppenanlage im Osten des Areals hin, während sich das Material in den aufgehenden Wänden erst in den spätantiken Bauten im Norden des Tempelbezirks – und dort lediglich als Spolien – findet. Untersuchungen des Unterbaus des Basaltbodenpflasters und der Treppe zeigen eine Mischung aus Erde, groben Kalkstein- und Basaltbruchstücken – Hinweise darauf, dass die Bauteile, um Transportschäden zu vermeiden, in Bosse zur Baustelle transportiert und erst dann fertiggestellt wurden, wobei der Abschlag als Unterfütterung Weiterverwendung fand. Die Bearbeitung des Basalts an den sichtbaren Stellen und den Anschlüssen erfolgte vor Ort vorwiegend mit dem Spitzeisen: dies zeigen Spuren an den Oberflächen und die Vorbereitung der Seiten der überwiegend polygonal gebrochenen, in weiten Bereichen des Areals auffindbaren Bodenplatten, sowie der Stufen für einen annähernd geraden Fugenschluss. Die Unterseiten – und im Fall der Stufen auch die Rückseiten – wurden soweit wie möglich in Bosse belassen. Eine Datierungshilfe als terminus post quem fand sich in Form eines Keramik- und Glasfragments in verschiedenen Bereiden des Bodens am Fuß der Treppe, der aus Kalkstein-, Ziegel- und Basaltsplittern in festgestampfter Erde besteht und als plane Ausgleichsschicht an den anstehenden Fels gearbeitet wurde. Ersteres datiert ca. in das 1./2. Jh. n. Chr., letzteres ca. in das 2. Jh. n. Chr. (Hinweise zur Datierung durch Eva Strothenke und Constanze Höpken). Der Auffindungskontext mit den Basaltsplittern, die auf die Bearbeitung der Stufen und somit auf die Entstehung der Treppe hindeuten, stützt die Annahme der Einbringung des Basalts in den Temenosbezirk ungefähr im 2. nachchristlichen Jahrhundert.

Kalkstein

Erste makroskopische Vergleiche des verwendeten Kalksteins deuten auf mindestens zwei Herkunfts- und Abbaubereiche hin: Die Befunde zeigen sowohl ein härteres, geschlossenporiges Material, wie es sich in verschiedenen Bereichen auf dem Gipfelareal (mit Bearbeitungsspuren) findet und als großformatige Bodenplatten verwendet wurde, als auch einen porösen Kalkstein, aus dem der überwiegende Teil der Fundamente und Mauern besteht und das dem im Steinbruch westlich des Tempelbezirks im Übertagebau gewonnenen Gestein ähnelt. Eine Datierung des Steinbruchs über die Bearbeitungsspuren ist schwierig; der Vergleich der Spuren im Steinbruch mit den Bau- und Materialbefunden im Temenosbezirk lässt auf einen Abbau vorwiegend in (hellenistisch-)römischer Zeit schließen, während die eisenzeitlichen Vorgängeranlagen im Tempelareal aus größeren und kleinformatigeren Bruch- und Lesesteinen bestehen, die vermutlich z.T. aus dem Fels herausgewittert waren und entlang entstandener Spalten und Risse in Nähe der Baustelle gesammelt werden konnten. Möglicherweise wurden größere Blöcke auch ausgegraben oder von Felsschichten abgesprengt.

Die Herkunft des Basalts wird Gegenstand künftiger Betrachtungen sein; das Einbringen dieses Gesteins in größerer Menge in der Kaiserzeit und das gleichzeitige Inkaufnehmen von Transportwegen zeigt auch im Hinblick auf die verwendeten Baumaterialien die Bedeutung des Ausbaus des Iupiter Dolichenus-Heiligtums in römischer Zeit. Zur Klärung der Zusammenhänge wird es weiterhin notwendig sein, die Herkunft der Materialien mithilfe mineralogisch-geologischer Methoden genauer zu analysieren; im Hinblick auf den verwendeten Kalkstein auch mit einem detaillierteren Vergleich der Abbaubereiche auf dem Dülük Baba Tepesi mit den Steinbrüchen beim heutigen Dorf Dülük und den Untertagebau-Steinbrüchen am Fuß des antiken Siedlungshügels von Doliche.

 

Ansprechpartner

Dr. Silke Haps

TU Dortmund

Architektur und Bauingenieurwesen

August-Schmidt-Str. 6, 44227 Dortmund 

silke.haps [at] tu-dortmund.de