Kampagne 2020

Am Südhang des Keber Tepe waren 2015 und 2019 Teile einer dreischiffigen frühchristlichen Basilika mit im Süden vorgelagerter Portikus ausgegraben worden. Deren weitere Freilegung stand im Zentrum der Arbeiten des Jahres 2020. Drei Schnitte wurden angelegt, um die Apsis sowie die Apsisnebenräume vollständig auszugraben. Ein weiterer Schnitt dient dazu, die sich im Osten an die Kirche anschließende Bebauung, die bereits 2018 und 2019 untersucht worden war, weiter zu erforschen.

Die Apsis

Vollständig freigelegt wurde die Apsis. Dabei ist es gelungen, die im Vorjahr entwickelte Phaseneinteilung weiter zu verfeinern. In der ersten Phase, die in das spätere 4. Jh. n. Chr. datiert, waren Mittelschiff und Sanktuarium durch eine Schwelle getrennt. Der vor der Apsis liegende Bereich des Sanktuariums war mit einem Mosaikboden bedeckt, der am Übergang zur Apsis endete. Wie die Apsis selbst in dieser Phase gestaltet war, ist weitgehend unklar. Da das Mosaik im Osten an einer Ausbruchgrube endet, scheint die Apsis erhöht oder durch eine Stufe abgetrennt gewesen zu sein. Aufgrund der späteren Umbauten ist es hier jedoch nicht möglich, genaue Schlüsse auf die Ausgestaltung der Apsis zu ziehen.

In einer zweiten Phase (um 400?)  wurde der Bereich des Sanktuariums vor der Apsis erhöht, indem man großformatige Kalksteinplatten auf das Mosaik legte. Sie weisen im Westen eine durchlaufende Nut auf, die als Einlassung für Schranken dienten und das Sanktuarium vom Mittelschiff trennten. Lediglich in der Mittelachse gibt es einen Durchgang. Auch für diese Phase fehlen Hinweise auf die Gestaltung der Apsis.

In einer dritten Phase 3 (5./6. Jh.) wurde das Sanktuarium vollständig neugestaltet. Die Apsis wurde beträchtlich erhöht und lag nun 0,7 m über dem Boden des Mittelschiffs. Sie wurde mit einem Mosaik geschmückt, das eine nilotische Szene gerahmt von verschiedenen Ornamentbändern zeigt (Abb. 2). Von der Apsis führten Türen in den nördlichen und südlichen Apsisnebenraum.

Vom Mittelschiff aus war die Apsis über eine aus Spolien errichtete Treppe in der Mittelachse der Kirche zu erreichen. Die Bereiche des Sanktuariums um die Treppe herum wurden ebenfalls bis auf die Höhe des Apsismosaiks angehoben und mit wiederverwendeten Marmorplatten ausgelegt, jedoch nicht auf der gesamten Breite des Raums, sondern lediglich in der Verlängerung der Apsis nach Westen. Die Fläche des Sanktuariums wurde somit reduziert.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt kam es zu weitreichenden Zerstörungen, gefolgt von notdürftigen Reparaturen. Zu fassen ist diese vierte Phase vor allem im Nordwesten des Sanktuariums. Im Bereich zwischen der Mauer zum Seitenschiff und der in Phase 3 eingebrachten erhöhten Plattform vor der Apsis lagen Dutzenden zum Teil großformatiger Marmorplatten, die offenbar von den Wänden gefallen waren. Unter den heterogenen, häufig aber anpassenden Fragmenten finden sich auch qualitätvolle Champlevé-Reliefs, wie sie vor allem aus Nordsyrien und Zypern bekannt sind. Zum Teil ist auch noch Bemalung erhalten. Die Platten liegen offensichtlich noch in Sturzlage. Statt sie zu beseitigen, mauerte man den Bereich zu und trennte ihn vom Mittelschiff ab.

Nördliches Seitenschiff und Apsisnebenraum

Im Norden wurde der östliche Abschluss des Seitenschiffs vollständig freigelegt. Der Boden ist mit einem Mosaikboden geschmückt, der verschlungene Mehrfachmäander zeigt, die quadratische Felder mit geometrischen Mustern einschließen. Über dem Mosaikboden setzte sich der bereits im Vorjahr erfasste Zerstörungshorizont fort. Neben vielen hundert Dachziegelfragmenten konnten hier zahlreiche Fragmente von Glaslampen und Fensterglas gefunden worden. Weiterverfolgt werden konnte eine Wasserleitung, die nachträglich durch den Mosaikboden gelegt wurde. Sie kommt aus dem nördlichen Apsisnebenraum, der durch eine schmale Türöffnung in der östlichen Begrenzungsmauer des Seitenschiffs zugänglich ist. Entgegen den Erwartungen zeichnet sich ab, dass Apsisnebenraum offenbar nicht zur ersten Bauphase der Kirche gehört. Darauf deutet vor allem die nördliche Außenmauer hin, die sich in Orientierung und Charakter von der Außenmauer im Bereich des nördlichen Seitenschiffs unterscheidet. Zum einen verspringt sie deutlich nach Süden und ist leicht gekrümmt, zum anderen sind die Quadern weniger sorgfältig versetzt. Als Fußboden dient der grob abgearbeitete anstehende, abschüssige Fels, in manchen Bereichen ist zusätzlich Stampflehm eingebracht. Hinweise auf einen Mosaikboden fehlen. Vor der Nordwand sind drei offene Steinkisten aufgereiht, bei denen es sich um einfache Reliquienschreine handeln könnte.

Jenseits der nördlichen Außenmauer des Apsisnebenraums sind drei Abwasserleitungen angetroffen worden, die parallel zueinander in flachem Bogen auf unterschiedlichen Höhenniveaus von Nordwesten nach Südosten verlaufen. Sie liegen deutlich oberhalb Kirche und müssen sich auf oberhalb am Hang gelegene Bebauung, vielleicht eine Straße, beziehen.

Südlicher Apsisnebenraum

Vollständig freigelegt wurde auch der südliche Apsisnebenraum. Er ist deutlich breiter als das südliche Seitenschiff und mit einem einfachen Mosaik aus großen weißen Tesserae ausgelegt. Überraschenderweise ist der Raum nicht rechteckig. Die südliche Begrenzungsmauer läuft in einem erkennbar stumpfen Winkel nach Westen. Sie bricht, genauso wie das Mosaik, nach Süden ab, so dass unklar bleibt, wie der Übergang zum Seitenschiff gestaltet war. Erhalten ist lediglich ein schlichtes Pfeilerpostament, das exakt in der Flucht der Mauer zwischen nördlichem Seitenschiff und nördlichem Apsisnebenraum steht und offenbar den Übergang zum südlichen Seitenschiff markiert. Verglichen mit den Mosaiken des Mittelschiffs und der Seitenschiffe ist das Mosaik des südlichen Apsisnebenraums sehr einfach. Naheliegend ist, dass es in einer späten Umbauphase eingebracht wurde oder dass der gesamte Raum erst nachträglich angelegt worden war. Von der sonstigen Einrichtung und Ausstattung des Raumes sind keine Reste erhalten, so dass sich auch die genaue Funktion nicht mehr beurteilen lässt.

Angrenzende Bebauung östlich der Kirche

Bei den Grabungen 2018 und 2019 waren östlich der Kirche Teile eines großen Raums mit einfachem Mosaikboden freigelegt worden. Im Norden grenzte er an einen schmalen Korridor, der von einer aus Spolien errichteten Säulenstellung gesäumt wird. Diese Bauten konnten in den Schnitten weiter untersucht werden. Dabei zeigte sich, dass sie unmittelbar mit der Kirche in Verbindung stehen. Der Raum mit Mosaik stößt an die Südostecke des Apsisnebenraums. Beide Räume sind nicht unmittelbar verbunden, doch gleichen sich die Mosaikböden so stark, dass sie zeitgleich gelegt worden sein müssen. Der anschließende Korridor läuft nicht nur gegen die rückwärtige Mauer des südlichen Apsisnebenraums, sondern ist mit diesem auch durch eine nachträglich eingebaute Schwelle verbunden. An die Rückwand der Basilika stößt auch die Säulenstellung nördlich des Korridors. Insgesamt vier Basen sind inzwischen freigelegt. Weiter nach Norden schließt sich ein Pflaster aus Kalksteinplatten unterschiedlicher Größe an. Diese Pflaster steht möglicherweise in direkter Verbindung mit einer Pflasterung, die sich in Schnitt K201-01 an die Außenmauer der Basilika anschließt. Dort wurde zudem eine weitere Säulenstellung entdeckt. Insgesamt zeichnet sich ab, dass der gesamte Bereich östlich der Kirch dicht bebaut war. Welche Funktion diese Bebauung hatte und wie sie datiert, lässt sich allerdings noch nicht beantworten.