Paläolithikum

Im Fokus der Forschungsarbeiten steht seit dem Sommer 2015 die Şarkli Mağara, ein mehr als 80 m langer und knapp 8 m hoher Felsüberhang am Westhang des Keber Tepe. Die Şarkli Mağara ist in der Vorgeschichte wiederholt von Jäger- und Sammlergruppen als Unterschlupf genutzt worden, wie erste Ausgrabungen, die bereits in den 1970er/ 1980ern unter türkischer Leitung stattfanden belegt haben. Dabei traten paläolithische Feuersteingeräte und Tierknochen entdeckt wurden. Nun sind die Ausgrabungen durch die Forschungsstelle Asia Minor wieder aufgenommen worden. Die bisher gemachten Funde belegen eine recht lange Anwesenheit des Menschen seit mindestens 500/300.000 Jahren vor heute.

Bereits vor Beginn der Arbeiten an der Şarkli Mağara konnte festgestellt werden, dass sie nicht nur prähistorische Spuren birgt, sondern dass auch in historischer Zeit Menschen ihre Spuren hier hinterlassen haben. Dies zeigte sich in Form von in den Fels geschlagenen Kammern und Nischen, sowie den Resten eines antiken, wohl kaiserzeitlichen Steinbruchs. Hier sind Verbindungen zum südlich angrenzenden Heiligtum zu vermuten.

Im Vordergrund der prähistorischen Forschung in Doliche stehen zunächst Fragen der Chronologie; wann also waren Menschen in Doliche anwesend. Daran anschließend sollen Fragen zum Komplex der Mensch-Umwelt Beziehungen geklärt werden, wie z.B. wie machte sich der Mensch seine Umwelt zu Nutze, welche Schweifgebiete hatte er, welche natürlichen Ressourcen sind genutzt worden und welche nicht, zu welchen Jahreszeiten war der Mensch in der Region anwesend?

Von besonderem Interesse in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass sich am Hügel direkt gegenüber der Şarkli Mağara, am Çimșit Tepe natürliche Feuersteinvorkommen befinden, die hier aus dem anstehenden Kalkgestein heraus wittern. Am Çimșit Tepe wurden Feuersteinrohstücke vorbereitet, in Grundformen und Werkzeuge umgearbeitet, und für den weiteren Gebrauch mitgenommen - auch in die Şarkli Mağara. Dies ist ein seltener Befund, da es nur sehr wenige gut dokumentierte Fälle in der Paläolithforschung gibt, in denen Wohnplatz (Şarkli Mağara) und Werkplatz (Çimșit Tepe) so dicht bei einander liegen. Dieser Befund unterstreicht das große Potential der Şarkli Mağara für die prähistorische Forschung,

zumal die Türkei in der Paläolithikumsforschung - der großen Zeit der Jäger- und Sammlergesellschaften (ca. 2,5 Mio bis 10.000 vor heute) - so etwas wie ein schwarzes Loch darstellt. Recht selten wurden Ausgrabungsergebnisse in ausreichendem Umfang publiziert und auch die Anzahl solcher Grabungen ist überschaubar. Daher ist ein großer Zugewinn, dass sich im Zuge des Doliche-Projektes die Möglichkeit ergibt, hier forschend aktiv zu werden.